Welches nationale Erbrecht gilt eigentlich im Todesfall, heute und vor allem auch in der nahen Zukunft?

Bislang und auch aktuell gilt in Deutschland das Staatsangehörigkeitsprinzip. Wenn ein deutscher Staatsbürger stirbt, gilt also auch erst einmal das deutsche Erbrecht.

Dieser Grundsatz wird sich aber spätestens ab dem 17.  August 2015 ändern, denn der europäische Gesetzgeber hat mit der Verordnung EU Nr. 650/2012 über die Zuständigkeit und das anzuwendende Recht Neuerungen geschaffen.

In Artikel 21 Absatz 1 der ErbrechtsVO wird nämlich bestimmt, dass das Erbrecht des Staates Anwendung findet in dem der Erblasser im Zeitpunkt seines Todes seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte. Es kommt also nicht mehr wie bisher auf die Staatsangehörigkeit an.

Eine Bestimmung darüber, was unter dem gewöhnlichen Aufenthalt zu verstehen ist, findet sich indes in der ErbrechtsVO nicht. Der Todesfall eines Deutschen, der sich den Winter über in Spanien aufhält und dort seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, könnte sich damit nach spanischem Erbrecht gestalten.

In Artikel 21 Absatz 2 ErbrechtsVO ist zudem noch bestimmt, dass wenn der Erblasser zu einem anderen Staat als dem des gewöhnlichen Aufenthalts eine engere Bindung hatte, dessen Recht Anwendung findet.

Die Frage was eine engere Bindung voraussetzt und ob dies nach objektiven oder subjektiven Kriterien bestimmt wird lässt die ErbrechtsVO offen.

Statt auf die Staatsangehörigkeit kommt es damit für die Frage, welches Erbrecht im Erbfall gilt, ab August 2015 auf den gewöhnlichen Aufenthalt oder die engere Bindung zu einem Staat, an.

Ab August 2015 wird sich dann das geltende Erbrecht gestalten lassen durch Veränderung des gewöhnlichen Aufenthalts oder durch eine besonders enge Bindung zu einem Staat.

Je nachdem ob sich in den einzelnen Rechtsordnungen Unterschiede ergeben, bietet dies Möglichkeit für Konflikte, wenn über das geltende Erbrecht im Erbfall zwischen den Betroffenen gestritten wird und die möglicherweise geltenden nationalen Erbrechte zu unterschiedlichen Erbansprüchen führen.

Es bieten sich aber auch Gestaltungsspielräume, nämlich dann, wenn es in einem EU Land eine für den Erblasser besonders attraktive Regelung des Erbrechts gibt, kann er dieser Regelung und damit auch dem gesamten nationalen Erbrecht dieses Landes durch Veränderung seines gewöhnlichen Aufenthalts Geltung für seinen Erbfall verschaffen. Es bleibt dann zu hoffen, dass das gewählte nationale Erbrecht in Gänze dann auch wirklich vorteilhaft ist.

Möchte der  Erblasser seine Erben von der Erbfolge ausschließen, ist ihm dies nach deutschem Erbrecht nicht ohne Weiteres möglich. Ab August 2015 kann ein Erblasser durch Veränderung seines gewöhnlichen Aufenthalts in ein Land, in dem es keinen Pflichtteilsanspruch gibt, einen solchen auszuschließen.

Des Weiteren lässt sich durch diese ErbrechtsVO auch das gemeinsame Testament mit gegenseitiger Bindungswirkung, das sogenannte Berliner Testament umgehen. Nach dem ersten Erbfall wäre es dem Überlebenden möglich, einen neuen gewöhnlichen Aufenthalt in einem Land zu beziehen, das kein gemeinsames Testament kennt, mit der Folge, dass der überlebende Ehepartner nicht an die gemeinsame Testierung gebunden wäre, sondern noch einmal testieren könnte, ohne das gemeinsame Testament beachten zu müssen.

Dier ErbrechtsVO schafft dadurch für den Erblasser einen erheblichen Spielraum das geltende Erbrecht zu beeinflussen.

Es gilt aber auch, dass wo man bis August 2015 sicher sein konnte, dass ein bestimmtes nationales Erbrecht Anwendung findet, dies sich in der Zukunft nicht mehr sicher vorhersagen werden lässt.

Die Möglichkeiten, die sich durch die ErbrechtsVO ergeben, gilt es daher für den jeweiligen Erblasser möglichst günstig zu nutzen.

Es empfiehlt sich, sich dabei frühzeitig an einen Anwalt im Erbrecht zu wenden.

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